Faktor XIII: Der Stabilitätsfaktor

Die Wirkung von Faktor XIII (FXIII) setzt in der Endstrecke der Blutgerinnung ein. Er wird auch als fibrinstabilisierender Faktor bezeichnet und führt zu einer Quervernetzung der Fibrinpolymere und damit letztendlich zu einer Stabilisierung des Gerinnsels (Abb.1). Bei einem FXIII-Mangel kommt es zum Beispiel als Folge von operativen Eingriffen nach anfänglich recht guter Blutstillung zu prolongierten Nachblutungen, welche mehrere Stunden, aber auch mehrere Tage postoperativ auftreten können (meist 4–6 h postoperativ). Ein FXIII-Mangel wird durch die gängigen Gerinnungsteste wie aPTT und Quick nicht erkannt. Der FXIII-Spiegel muss separat bestimmt werden. Bei einem entsprechenden klinischen Bild kann eine probatorische Gabe sinnvoll sein. 

Fibringerinnsel

Abb. 1: Elektronenmikroskopische Aufnahme eines stabilen Fibringerinnsels mit integrierten Erythrozyten

 

Fibringerinnsel

Faktor XIII ist für die Quervernetzung der Fibrinpolymere verantwortlich und stabilisiert so Gerinnsel. Bei einem FXIII-Mangel kann es bei anfänglich guter Blutstillung im Abstand von Stunden bis Tagen zu Nachblutungen kommen.

 

Physiologie Faktor XIII

FXIII bewirkt als letzter Faktor in der Gerinnungskaskade eine Quervernetzung der bis dahin nur locker zusammengelagerten Fibrinfäden. Während die Längsvernetzung der Fibrinfäden sehr rasch erfolgt, ist die Quervernetzung und die damit verbundene eigentliche mechanische Stabilisierung hingegen ein langsamer Prozess, der mehrere Stunden dauert. 

FXIII zirkuliert im Plasma als Protransglutaminase und wird durch Thrombin (Faktor IIa) aktiviert. Die Aktivierung führt dazu, dass FXIII die Bildung von kovalenten Bindungen zwischen Glutamin und Lysin katalysiert. Eine Auswahl weiterer Substrate von Faktor XIII findet sich in der folgenden Tabelle.

Faktor XIII-Substrate

Substrat Biologischer Effekt
Fibrinogen, Fibrin Stabilisierung des Fibringerüstes durch die Bildung von bestimmten Glutamin-Lysin-Querverbindungen zwischen Fibrinketten, erhöhte Steifheit und verminderte Elastizität des Fibringerüstes, dadurch verstärkte Retention von Erythrozyten in Fibrinnetzwerken
Alpha 2-Antiplasmin, TAFI (Thrombinaktivierbarer Fibrinolyse-Inhibitor), Alpha2-Makroglobulin Verhinderung der vorzeitigen Auflösung von Fibringerinnseln durch Plasmin durch Einbau von Protease-Inhibitoren in das Gerinnsel
FV, FX, Prothrombin Lokal weitere Verstärkung der Gerinnungsaktivierung
Von-Willebrand-Faktor, Fibronektin, Kollagen, Laminin, Gelsolin, Thrombospondin Verbindung eines Gerinnsels mit Zelloberflächen, Förderung der Wundheilung, Beeinflussung von Angiogenese und des Wachstums von Muskelzellen
Aktin, Myosin, Filamin, Vinculin Quervernetzung von Proteinen des Zytoskeletts von Thrombozyten, Förderung der "Clot-Retraktion"
Verschiedene Komplementfaktoren (klassischer und alternativer Weg), Immunglobuline Fixierung von Komplement C3, Förderung der Entzündungsreaktion, Chemotaxis, antimikrobielle Aktivität

 

Tab. 1: Faktor XIII ist nicht nur an der mechanischen Vernetzung des Gerinnsels und am Einbau von Bestandteilen des thrombozytären Zytoskeletts beteiligt, sondern auch an der Integration von Fibrinolyseinhibitoren. Tabelle modifiziert nach Lund C et al., 2014.

Eigenschaften

Faktor XIII hat ein Molekulargewicht von ca. 320 kDa und zirkuliert im Plasma an Fibrinogen als Trägerprotein gebunden als enzymatisch inaktiver Komplex mit je zwei A- und zwei B-Untereinheiten. Die A-Untereinheiten werden in Megakaryozyten und Makrophagen und die B-Untereinheiten in der Leber gebildet. Die Untereinheiten A stellen die eigentliche katalytische Komponente dar, während die Untereinheiten B vor vorzeitiger Proteolyse und Aktivierung schützen.  

Die normale Konzentration von FXIII im Blutplasma beträgt 22 μg/ml. Die biologische Halbwertszeit liegt bei 5 bis 12 Tagen. Die Syntheserate bei Verlust oder Verbrauch ist entsprechend gering. Speicher im Endothel wie z. B. beim Von-Willebrand-Faktor sind nicht bekannt.

Aufgaben

Bei einer Aktivierung von Faktor XIII durch Thrombin kommt es zu einer kalziumabhängigen Dissoziation der enzymatisch aktiven A- und der schützenden B-Untereinheiten. Hauptsubstrat für aktivierten FXIII sind Fibrinpolymere. Diese werden von FXIII durch Verbindung der α- und γ-Ketten quervernetzt und so in unlösliches, stabiles Fibrin überführt (Abb. 2). So entsteht ein stabiles, aber auch elastisches Fibrinnetz. 

Bei der Vernetzung werden Plasmininhibitoren wie α2-Antiplasmin und Thrombin-aktivierbarer Fibrinolyse-Inhibitor in das Fibrinnetz mit eingebaut und somit eine vorzeitige Fibrinolyse gehemmt. Darüber hinaus werden zusätzlich weitere makromolekulare Komponenten des Plasmas sowie der extrazellulären Matrix wie z.B. Fibronectin und Vitronectin mit quervernetzt, was das Verhalten von Fibroblasten, Neutrophilen und Leukozyten beeinflusst und für eine optimale Reorganisation des entstandenen Defektes von großer Bedeutung ist. Die räumlich nahe Bildung des Fibringerinnsels an den Rändern der Gewebeläsion gewährleistet u. a. durch Verminderung der lokalen Exsudation eine effektivere Wundheilung.

Quervernetzung von Fibrin

Abb. 2: Der durch Thrombin aktivierte FXIII sorgt für die Quervernetzung des Fibrinnetzes. Diese ist charakterisiert durch kovalente Verbindungen der α- und γ-Ketten.

Mangel

Bei einem FXIII-Mangel wird zwischen hereditären und sekundären (erworbenen) Formen unterschieden. Ein homozygoter hereditärer Mangel fällt meist schon kurz nach der Geburt durch eine klinisch manifeste Koagulopathie auf. Die Patienten neigen zu Nabelschnurblutungen, Wundheilungsstörungen und intrakraniellen Blutungen. Dagegen ist ein heterozygoter Mangel meist zunächst unauffällig, kann aber postoperativ oder bei größeren Traumata Probleme verursachen. Beschrieben wurden Blutungen und Wundheilungsstörungen bei heterozygoten Patienten mit FXIII Spiegeln von ca. 50 %.  

Im Gegensatz zum angeborenen FXIII-Mangel ist ein erworbener Mangel wesentlich häufiger. 
Er wird durch einen erhöhten Umsatz, einen erhöhten Verbrauch und/oder eine verminderte Synthese begünstigt. Risikofaktoren für einen erworbenen Mangel sind unter anderem:     

  • Kardiochirurgie mit langen HLM(Herz-Lungen-Maschine)-Zeiten 
  • Große Tumorchirurgie (Abdomen, Neurochirurgie, HNO, Gynäkologie)
  • Große orthopädische Eingriffe 
  • Große Wundflächen (Verbrennungen, Decollements)
  • Schwere Traumata
  • Intravasale Gerinnung 
  • Sepsis 
  • Begleit- und Grundkrankheiten (z. B. chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Rheuma oder Lebererkrankungen)

In seltenen Fällen kann es zu einer Bildung von Autoantikörpern gegen FXIII kommen. 

Diagnostik

Der Faktor XIII wird von den Globaltests der Gerinnung wie Quick und aPTT nicht erfasst; er muss immer gesondert bestimmt werden. Ein Faktor XIII-Mangel wird häufig übersehen und trotz Blutungskomplikationen nicht therapiert. Dies kann zu langanhaltendem Transfusionsbedarf und Wundheilungsstörungen führen. 

Falls die Labor-Diagnostik für FXIII nicht verfügbar ist, kann die Diagnose eines Faktor XIII-Mangels nach dem klinischen Bild unter Berücksichtigung der Risikofaktoren oder anderen Hilfsmitteln gestellt werden. Die Rotationsthrombelastometrie (RoTEM) kann behilflich sein, um andere Blutungsursachen auszuschließen.

Faktor XIII-Substitution

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